Der Mensch der die Wolken und den Regen liebt

Ich war ein Mensch, der die Sonne liebte und den Regen verhasste. Bis ich einen ganzen Sommer in Athen verbrachte.

Jeden Morgen begrüßt mich ein blauer Himmel ohne einen Wolkenhauch.

Die Sonne geht hinter den Bergen auf und geht hinter den anderen Bergen wieder unter. Schatten werden kurz und Schatten werden wieder lang. Mal fegt ein Wind von der Stadt auf das Meer und mal fegt ein Wind vom Meer auf die Stadt. Schiffe kommen und gehen am Horizont in Linien zum Hafen hin und vom Hafen davon.

Ich treffe einen Menschen, der mir erzählt, dass er die Wolken und den Regen liebt. Ich schüttle ungläubig den Kopf über den Ahnungslosen.

So wird es Mai, Juni, Juli, August und September. Die Stadt liegt im Staub begraben, der sich wie ein Nebel auf alle Dinge legt. Darüber der saubere Himmel, der keine Wolke zulässt und aus dem sich jetzt schon so lange kein Regen mehr ergossen hat. Manchmal denke ich an den Menschen, der die Wolken und den Regen liebt.

Der Wind fegt den Staub von einer Straße in die Andere, Fensterscheiben werden grau und bald schwarz. Der Himmel spannt sich ohne ein Kräuseln und strahlt unbeteiligt in leuchtendem Blau.

Immer öfter denke ich an den Menschen, der die Wolken und den Regen liebt. Gras wird braun und jedes Grün vertrocknet schonungslos. Der Wind fegt durch das laublose Gestrüpp, dessen Äste in den polierten Himmel ragen. Hitze flimmert über den Hügeln, die mit ihren scharfen Kanten an dem glatten Blau kratzen wollen. Doch das bleibt unversehrt.

Und so vergehen die Monate und ich denke immer mehr an den Menschen, der die Wolken und den Regen liebt. Ich sehne mich. Erst vorsichtig. Dann heftiger. Ich sehne mich nach dem Menschen, der die Wolken und den Regen liebt. Denn ich möchte mit ihm das Schauspiel erleben, wenn Wolken hinter den Bergen hervorziehen, wie eine Karawane. Eine Karawane, die Wolken auf das Glatte setzt, die Streifen malt, und weiße Fußstapfen im hellen Blau hinterlässt, die das Blau zerschneidet und die die Sonne hinter bauschigen Türmen verbannt.

Eine Karawane, welche die Einöde des Blaus durchbricht und ein Spektakel erwarten lässt. Ein Spektakel nach dem ich mich sehne, ein Aufbrausen, eine Wucht, einen Bruch, eine Flut, einen Erguss, auf alles was um mich liegt. Ein Erguss, der alles in Wasser ertränkt, den Staub von den Scheiben schwemmt, den Müll aus den Straßen spült, der mich von Kopf bis Fuß durchnässt, der endlich den Glanz vom Himmel holt und ihn auf die Stadt legt. Die Stadt, die dann endlich friedlich frisch gewaschen unter einem Himmel liegt, der sein ganzes Können zur Schau gestellt hat. Der Himmel, der mir gezeigt hat, dass es einen ganzen Sommer braucht um den Menschen zu verstehen, der die Wolken und den Regen liebt. Und nach dem ich mich noch immer sehne.

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