TicTac küsst Orange. Liebesgeschichten im Sand

Da trafen sie sich eines Tages zwischen Hölzern und Sand, zwei Dinge in orange.ticktack Fremd in ihrer Beschaffenheit, Herkunft und Geschichte, Welten voneinander getrennt. Endlich in einem Bild vereint: Ticktack küsst Stein. Beinahe.

wurstzipfelUnd der Wurstzipfel schaut neidisch aus der Ferne zu. Es geht nun einmal nicht immer um die Wurst.

Doch diese Romanze muss in Stille spielen.cdHaben die Wellen noch die letzten Klänge deiner Musik gehört? Hat sie der Wind noch bis an die Küsten getragen? Hat dich das Salz deiner Klänge beraubt? Erinnerst du dich selbst noch an deinen Klang? Sei unbesorgt, selbst mit deinen Rissen und Brüchen bist du in Symmetrie jedem Stein überlegen.

Schau dir den Kamm an: Liebhaber und Verführer vieler:kammrotHaare, Locken, schwarz, blond, gefärbt, glatt, kraus, verknotet, fett, schimmernd, duftend – sie alle hast du durchkämmt, sie mit deinen Zinken berührt, sie alle durften durch dich gleiten, was nun nur noch dem Wind gewährt.

Und es finden sich noch weitere einsame Fundstücke im Sand.

becher

Welches Lippenpaar hat sich an deinen Rand gesetzt und welches Händepaar hat deine Rillen gefühlt? Hat je ein Augenpaar bewundert, wie sich das Licht matt in dir bricht?

blumeAus fernen Ländern wie eine Seerose über die Meere getragen, in der Hoffnung hier auf einen Gefährten zu treffen, jemand der die Pink liebt, so sehr wie nichts auf der Welt?

besenVielleicht dieses pinke Bürstenstück?  Fleiß ist seine ganze Leidenschaft. Hier liegt es, erschlagen von den Sandkörnern, die es alle auf zu fegen gilt. Alle Beine von sich gestreckt, gebrochenen und erschöpft.

dosen „Zu jedem Topf ein Deckel“ schreiben Ratgeber, und wenn man dafür bis nach Athen schwimmen muss. „Alte Liebe rostet nicht“, sagen die Unwissenden, die es nie bis an diesen Strand geschafft haben.

Paare finden sich und  Paare verliere sich hier im Sonnenuntergang vor Athen. Beim genauen Hinsehen werden wir zu Zeugen dramatischer Szenen:

 

Wo ist eure bessere Hälfte? Habt ihr ferne Grenzen überquert? Wen habt ihr getragen? Euch nachts über Felder geschlichen? Kleben an euch Stücke von Heimat?

Manche wurden auch ganz ihrer Freiheit beraubt: Kiesel hinter Gitter. Nicht einmal der Blick auf den strahlend blauen Himmel ist ihnen mehr gewährt.

gitter

 

decke

Andere sind vom Verschwinden bedroht: lange hast du dich um Schultern geschmiegt, Beine gewärmt, den Schlaf bedeckt, warst eine schützende Hülle. Nun ist es Zeit sich zur Ruhe zu legen, lass den Sand deine Hülle sein, lass dich von ihm umschmiegen, dich bedecken, bis ihr eins werdet, Hülle zu Hülle, Staub zu Staub.

meer

 

 

 

 

16 Kommentare zu „TicTac küsst Orange. Liebesgeschichten im Sand

  1. Plastik überall…wirklich nicht schön…ich muss mal schauen was aus meiner Serie wird, will im Frühjahr nochmal einen Küstenbesuch machen und dann mal die Fotoausbeute sichten…
    Lieber Gruss vom nassen Hamburg ins wärmerer Athen von Jürgen

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  2. Hallo Julia,
    tolle Idee und interessante Bilder…habe gerade ähnliches an der deutschen Ostseeküste gemacht und bevor man schlechte Laune bekommt ob des ganzen Mülls muss man versuchen das kreativ anzugehen…ist dir gut gelungen ! Lieber Gruss, Jürgen

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  3. Grossartig geschrieben! So wird Müll zum Kunstobjekt. Es ist keine Aufwertung der globalen Ferkelei, sondern eine andere, persönliche Sichtweise auf eine lokale Situation. Es sind Bilder, die sprechen. Der Betrachter muss nur auf Empfang schalten.

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  4. das hast du richtig richtig gut in Szene gesetzt! so wunderbar geschrieben, obwohl es ein Thema ist, dass einen fahden Nachgeschmack hat. Ich sehe den Müll immer auf den südlicheren griechischen Inseln, dort werden allerdings ganze Waschmaschinen oder Autos in der Natur zurück gelassen. Ich habe unzählige Fotos gemacht, von Bettgestellen und alten löchrigen Sesseln, aber ich bin noch nie auf die Idee gekommen, so etwas Schönes davon zu machen wie du es hier getan hast. Klasse geschrieben, du gibst dem Müll eine Seele ♥

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  5. Wie ästhetisch doch Müll immer wieder auf Fotos wirken kann! Mich macht er immer wieder traurig und auch wütend. Aber deine augenzwinkernde Geschichte dazu lassen mich ausnahmsweise meinen Groll vergessen.
    Herzliche Grüße
    Ulli

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  6. Darauf muss „Frau“ erstmal kommen, das Müllproblem derart kreativ und sympathisch in Szene zu setzen. Auch ich liebe Fundstücke grundsätzlich, aber dem Plastikmüll kann ich grundsätzlich nichts Angenehmes abgewinnen, das hast du charmant umgewandelt. Dennoch…… Liebe Grüße, Marie

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